Die Max Felchlin AG profiliert sich seit Jahren als exzellenter Couverture-Hersteller und beliefert Kunden im In- und Ausland. CEO Christian Aschwanden vermittelt im Interview die Philosophie, gibt Einblicke in die spannende Schokoladenwelt und sagt, worauf das Unternehmen mit seinen 180 Mitarbeitern besonderen Wert legt.
Herr Aschwanden, Sie sind schlank, machen einen topfitten Eindruck. Verzichten Sie selbst auf Schokolade? Keinesfalls (lacht). Ich bin ein Schokoladenliebhaber. Bei unserer Schokolade sorgen bereits ein paar Täfelchen für viel Genuss und grosse Zufriedenheit.
Haben Sie Vorlieben? Geschmacklich lasse ich mich in kein Schema pressen. Mein Spektrum ist breit. Und ich habe Favoriten: Schokoladen mit Ecken und Kanten - extrem scharf beispielsweise oder sauer oder bitter. Und eines unserer Produkte fasziniert mich besonders.
Erzählen Sie. Die «Cacaofrucht Couverture», die wir mit dem aus der Kakaofrucht gewonnenen KOA Saft und dem seltenen Wildcacao aus Bolivien herstellen. Auf diese natürliche Weise süssen wir unsere Couverture ohne Zuckerzugabe. Wir nutzen die Kakao-Frucht als Ganzes.
Ein Mehraufwand für die Kakaobauern vor Ort … Ja, das stimmt. Dafür kommen sie zu einem zusätzlichen Einkommen von rund 25 Prozent je Kakaofrucht. Ein weiterer Vorteil: Wir bringen das Fruchtaroma in unsere Schokolade und verringern durch die Verwendung des Fruchsaftes auch den Anteil an Food Waste. Ich bin überzeugt, das ist die Schokolade der nächsten Generation: weniger Süsse, dafür mehr Charakter. Ich liebe diesen Typ von Schokolade.
«Wir suchen die Edelsorten, den sogenannten Fine-Flavour»
Christian Aschwanden, CEO, Max Felchlin AG
Haben Sie andere Beispiele? Unsere Grand Cru Opus Blanc - Lait de Terroir. Sie ist weiss und basiert auf einem weiteren meiner Lieblingsprodukte, der Milch. Wir versuchten bewusst, den Geschmack von Rohmilch hineinzubringen. Die hochwertige Heumilch dazu, beziehen wir aus der UNESCO Biosphäre Entlebuch.
Ihren Cacao beziehen Sie direkt von mehreren Bauern und Produzenten. Wie geschieht dies? Wenn wir uns von den Global-Playern im Markt differenzieren wollen, müssen wir das Regionale pflegen. Regionen können einzigartige Geschmäcker hervorbringen. Das hängt mit den Böden, den Pflanzen, dem Klima und der Biodiversität ganz allgemein zusammen. Dies führt dann zu einer enormen geschmacklichen Vielfalt in unseren Herkunftsschokoladen.
Wie finden Sie heraus, welche Aromen besonders grossartig sind? Übers Degustieren.
Das ist aufwändig. Das ist eine ziemliche Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine Chance. Wir nutzen diese Nische, weil wir feststellten, dass ein Produkt mit grossartigem Geschmack, mit Charakter entsteht. Wir bauen darauf, dass Cacao etwas Kleinbäuerliches ist, verbunden mit Biodiversität. Da stehen nicht Monokulturen im Zentrum.
Sondern? Bei unseren Partnern ist der Cacao vielfach nicht die Haupteinnahmequelle. Und unsere Partner wissen, dass Cacao eine Schattenpflanze ist, die sich vom Makro- bis zum Mikroklima positiv beeinflussen lässt – und folglich einen sorgfältigen Umgang verdient.
Wie aber kommen Sie an diesen Cacao heran? Diese Cacao-Bauern sind meist in Kooperativen organisiert. Für uns bedeutet das: Die Qualität des Produkts hängt nicht nur mit dem Baum, dem Standort und dem Klima zusammen. Ebenso wichtig ist die Ernte und die direkt anschliessende erste Verarbeitungsstufe vor Ort.
Wie gehen Sie dabei vor? Da die Fermentation und Trocknung wichtige Prozesse für die Aromabildung im Cacao sind, versuchen wir diese zusammen mit den Produzenten vor Ort zu optimieren. Dazu kann ich zur Illustration ein Beispiel nennen…
«Wir eröffnen Produzenten langfristige Perspektiven»
Christian Aschwanden, CEO, Max Felchlin AG
… bitte Unsere Mitarbeiter entdeckten bei einer sensorischen Prüfung eine geschmackliche Änderung der Bohnen. Sie fragten beim Partner im Ursprung nach dem Grund. Zuerst hiess es, es sei alles wie immer. Doch dann zeigte sich eine Änderung beim Trocknungsprozess. Sie hatten auf feine Kunststoffnetze gewechselt statt auf den herkömmlichen Holzrosten, wo die Cacaobohnen zuerst im eigenen Saft lagen. Da sieht man, dass solche Änderungen in den Abläufen einen Einfluss auf den Geschmack haben können.
Wie finden sie solche Unterschiede heraus? Wir vergleichen jede Cacaobohnen Lieferung mit Rückstellmustern. Unser Credo lautet: Die Qualität lässt sich bei jedem Prozessschritt, vom Anbau im Ursprung, bis zur Auslieferung an den Kunden beeinflussen. In den letzten 25 Jahren haben wir durch unseren Direkteinkauf stetig dazugelernt und Know how aufgebaut.
Welche Anreize bieten Sie den Produzenten? Unsere Partner wissen, wenn Sie uns eine Selektion qualitativ hochstehender Cacaobohnen liefern, zahlen wir auch einen Premiumpreis. Wir honorieren also den Aufwand monetär. Zusätzlich eröffnen wir langfristige Perspektiven indem wir mehrjährige Verträge abschliessen. Das sorgt für Beständigkeit und Stabilität. Für uns ist das auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Darum kontrollieren wir die Abläufe sehr genau. Aber das funktioniert gut.
Die Max Felchlin AG ist ein mittelgrosses Unternehmen mit 180 Mitarbeiter:innen. Wie muss man sich die Zusammenarbeit mit den regionalen Cacao-Produzenten vorstellen? Wir haben unsere Bezugspersonen vor Ort. Mit ihnen tauschen wir uns regelmässig aus. Weiter besuchen wir unsere Partner auch vor Ort oder laden sie zu uns nach Ibach ein. Letzthin war der Vertreter aus Ghana bei uns. Er begann vor zwölf Jahren Bio-Cacaobohnen zu produzieren. Das war riskant. Bioanbau ist teurer. Die Umstellung war zuerst eine Schwierigkeit. Mittlerweile hat sich aber eine sehr gute Zusammenarbeit entwickelt, die beide Seiten begeistert.
Die Stärke von Felchlin ist die Vielfalt. Sie bieten eine grosse Zahl an Rezepturen an? Das stimmt die Vielfalt ist gross und sie wird genutzt. Das ist bei der Schokolade ähnlich wie beim Wein. Die breite Palette ist nötig, damit unsere besonders kreativen Kunden auf ihre Rechnung kommen. Wir arbeiten für Fachleute, die Spannendes suchen, um daraus Neues zu kreieren.
Gibt es einen Cacao-Bohnen-Favoriten in ihrem Sortiment? Etliche. Einen hebe ich aber hervor: die Maracaibo Clasificado aus Venezuela ist unglaublich beliebt. Wir bieten sie seit 1999 an. Aber die Menge ist beschränkt. Massenproduktionen sind nicht möglich. Und ganz wichtig: Es steht niemals nur der Genuss im Zentrum unserer Produkte. Es geht auch um Transparenz, Wertschöpfung, Ökologie und Standards wie etwa Bio-Richtlinien. Oder um Trends, wie etwa der Zuckergehalt: Er geht fast überall zurück. Die Schokoladen-Geniesser:innen suchen nicht die Süsse, sondern den Geschmack.
Wollen Sie nicht mit eigenen Produkten auf den Markt gehen? Angebote in diese Richtung haben wir immer wieder bekommen. Wir haben uns dagegen entschieden, vor allem, weil wir unsere Kunden nicht konkurrenzieren möchten. Unser Ziel bleibt, sie mit erstklassigen Couverturen zu bedienen.
Wie verteilt sich ihr Kundensegment? Rund die Hälfte unseres Umsatzes kommt aus dem Heimmarkt Schweiz. Wichtig sind auch die Nachbarländer, Frankreich, Deutschland, Österreich. Dazu kommt die USA und der Nahe Osten wo wir ebenfalls Verkaufsteams unterhalten. Dabei gilt es immer, verschiedene Mentalitäten zu verstehen und darauf einzugehen. In Frankreich ist beispielsweise unsere Milchschokolade sehr beliebt.
Sie bauen auf einer reichen Firmenkultur. Das stimmt. Wir sind jetzt 115 Jahre alt. Ich bin seit 30 Jahren in meiner Funktion als CEO tätig. Vieles vom Geist meiner Vorgänger, von Gründer Max Felchlin und seinem gleichnamigen Nachfolger, ist weiterhin prägend. Etwa das Goethe-Zitat: «Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste.» Das tönt etwas altmodisch, trifft aber den Nagel auf den Kopf. Unser Geist ist unsere Passion für Qualität. Wir versuchen danach zu leben und gemäss unserem Leitbild stets ehrlich aber auch mit Witz und Spass bei der Sache zu sein.
Welche Herausforderungen haben Sie in nächster Zukunft zu meistern? Wir befinden uns in einem Nischenmarkt und produzieren an einem der teuersten Standorte der Welt – mit Cacao, der von weit her kommt sowie mit Milch und Zucker aus der Schweiz. Unser Anspruch ist es, den Kunden so viel an Produktqualität und Service zu bieten, dass sie bereit sind, den dafür angemessenen Preis zu bezahlen. Das fordert, bietet aber auch attraktive Möglichkeiten. Dazu brauchen wir die besten Leute und wollen diesen auch respektvoll und wertschätzend begegnen. Behaupten müssen wir uns gegen die Big-Players auf dem Weltmarkt und gegen die vielen Kleinstanbieter, die häufig für sich selbst das Konzept «bean to bar» verfolgen. In diesem Spektrum wollen wir uns mit unser Philosophie und unseren Produkten weiter entwickeln und dafür werden wir auch in Zukunft jeden Tag hart arbeiten.
Weitere Infos über Max Felchlin: www.felchlin.com
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